Aufrechnung gegen Erstattungsansprüche aus Notlagentarif zulässig
Risikoversicherung
Die private Krankenversicherung ist eine Risikoversicherung, d.h. die Beiträge steigen schon mit dem Lebensalter, weil mit zunehmenden Alter das Risiko zu erkranken steigt. Sie kann ein teurer, wenn nicht sogar ein unbezahlbarer Spaß werden, wenn die Einkommensentwicklung mit der Beitragsentwicklung nicht mithält.
Notlagentarif
Der Gesetzgeber hatte daher mit der Einführung des Notlagentarifs nach §§ 193 Abs. 6 u. 7 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), 153 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) einen Versicherungsschutz mit geringeren Beiträgen in der privaten Krankenversicherung für säumige Beitragszahler normiert. Die private Krankenversicherung muss danach trotz aufgelaufener Beitragsschulden Kosten für Leistungen zur Behandlung in Notlagen (akute Erkrankungen und Schmerzzustände sowie Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft; bei Kindern und Jugendlichen zusätzlich Leistungen im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen nach gesetzlich eingeführten Programmen und von der Ständigen Impfkommission empfohlene Schutzimpfungen) erstatten.
Das Problem
Auch in dem Notlagentarif müssen die Versicherten die Behandlungskosten vorschießen. Diskutiert wurde daher, ob die Krankenversicherungen gegen die Kostenerstattungsansprüche der Versicherten mit den Beitragsrückständen aufrechnen dürfen, sie also solange keine Kostenerstattung leisten müssen, bis die Beitragsrückstände getilgt sind.
Zulässigkeit der Aufrechnung
In einem Urteil aus Dezember 2018 hat der vierte Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) die Aufrechnung nun für zulässig erklärt (BGH, Urteil vom 05.12.2018 – IV ZR 81/18). Der Senat setzt sich in seiner Entscheidung wohl wissend um die Notwendigkeit eines Krankenversicherungsschutzes ausführlich und lesenswert mit den Argumenten aus Teilen der Rechtsprechung und Literatur gegen eine Aufrechnungserlaubnis auseinander. Weder aus der Gesetzesbegründung, der systematischen Stellung der Regelungen über den Notlagentarif noch aus dem Gebot von Treu und Glauben oder allgemeinen Billigkeitserwägungen lasse sich ein Aufrechnungsverbot herleiten. Der Senat weist zudem darauf hin, dass hilfsbedürftige Personen im Sinne des Sozialgesetzbuches („Hartz IV“, Sozialhilfe) nach der gesetzlichen Regelung ohnehin nicht in den Notlagentarif geraten können bzw. sie zu dem ursprünglichen Versicherungsschutz zurückkehren, wenn Hilfsbedürftigkeit eintritt (§ 193 Abs. 6 Satz 5 VVG).